In dieser Anleitung erfahrt ihr, wie ihr die Anzucht von Chilipflanzen mit Hilfe einer Pflanzenbeleuchtung (Kunstlicht) erfolgreich meistern könnt.
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Kurze Übersicht:
  • Einweichen der Samen (nicht zwingend nötig)
  • Aussaat in kleine Becher oder Töpfe mit Blumen- oder Aussaaterde
  • In ein Minigewächshaus stellen bei 25 bis 28°C
  • Keimlinge zeitnah aus dem Minigewächshaus nehmen und unter die Beleuchtung stellen
  • Wenn die Becher durchwurzelt sind umtopfen in Töpfe 7×7 oder 9×9 o.ä.
  • Wenn die Töpfe durchwurzelt sind umtopfen in Töpfe 13×13 o.ä.
  • An Sonnenlicht gewöhnen
  • Umtopfen in den Endtopf
  • Nach den Eisheiligen raus auf den Balkon, Terrasse, Garten oder ins Gewächshaus stellen
Wann ist eine Anzucht mit Hilfe von Kunstlicht sinnvoll?
Die Aussaat von Chilis und Paprika erfolgt normal im Februar oder März. Dazu ist ein sonniger Fensterplatz nötig, damit die Pflanzen gut wachsen. In Deutschland ist das Wetter manchmal kühl, regnerisch und wechselhaft, auch in manchem Sommer. So kann es dauern bis die ersten Früchte reif werden. Eine frühere Aussaat ist eine Möglichkeit, die Saison zu verlängern und den Pflanzen mehr Vorsprung zu geben, bis sie raus ins Freie oder ins Gewächshaus können.

Bei einer frühzeitigen Aussaat im Dezember reicht das Tageslicht am Fenster bei uns in Deutschland jedoch oft nicht aus, um starke Pflanzen heran zu ziehen. Bekommen die Keimlinge zu wenig Licht, können sie vergeilen („spargeln“), d.h. sie wachsen dünn, lang und instabil heran. Um dem entgegen zu wirken, könnte man natürlich die Temperatur reduzieren, was wiederum das Wachstum der Jungpflanzen verlangsamt. Mit künstlichem Licht hingegen wird man unabhängig vom Tageslicht.

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Bild 1: Keimling, der etwas zu wenig Licht bekommen hat

Lampen zur Aufzucht von Chilipflanzen unter Kunstlicht
Zur Aufzucht von Chilipflanzen unter Kunstlicht sind prinzipiell verschiedene Lampentypen geeignet:
  • LED-Pflanzenlampen
  • LED-Röhren mit neutralweißem oder kaltweißem Licht
  • LED-Strahler mit neutralweißem oder kaltweißem Licht
  • Leuchtstofflampen (Lichtfarbe 865 oder 840)
  • Metall-Halogendampflampen
  • Natriumhochdruckdampflampen
Eine der bisherigen Empfehlungen war, Leuchtstofflampen mit den Lichtfarben 865 (6500K) oder 840 (4000K) für die Anzucht von Chilipflanzen zu verwenden. Der Grund für die Rücknahme der Empfehlung ist, dass quecksilberhaltige Leuchtmittel, zu denen auch Leuchtstofflampen gehören, in der EU mittlerweile einem Verkaufsverbot unterliegen. Vorhandene Lichtleisten können aber mit einem LED-Ersatz betrieben werden. Wegen des im Vergleich zu LED-Lampen hohen Energieverbrauchs sind auch Metall-Halogendampflampen und Natriumhochdruckdampflampen nicht mehr zu empfehlen.

Am besten verwendet man LED-Pflanzenlampen, die es in allen möglichen Preis- und Leistungsklassen gibt. Weitere Informationen zu Pflanzenlampen und welche Pflanzenlampen für die Anzucht und den Anbau von Chilipflanzen geeignet sind, gibt es im Thema Pflanzenlampen für die Chili-Anzucht.

Für die Aufhängung von Leuchten in Growzelten, Growboxen oder Growregalen gibt es mehrere kostengünstige Möglichkeiten. Man kann sie z.B. an Schnüren oder Ketten aufhängen oder sie unter die Regalbretter eines günstigen Holz- oder Schwerlastregals aus dem Baumarkt befestigen.

Bei Beleuchtung mit LED-Strahlern muss man je nach Strahler meistens einen gewissen Abstand zu den Pflanzen halten, damit es nicht zu Blattschäden kommt. Ein grober Anhaltspunkt ist ein Abstand von mindestens 30cm. Bei manchen LED-Strahlern und LED-Pflanzenlampen muss man sogar noch größeren Abstand halten. Den optimalen Abstand sollte man der Anleitung oder Beschreibung der Lampe entnehmen oder im Forum nach Erfahrungen mit dem entsprechenden Lampentyp fragen.

Beleuchtet werden die Keimlinge und Jungpflanzen 12 bis 14 Stunden täglich. Mit einer einfachen Steckdosen-Zeitschaltuhr kann das Kunstlicht zeitgesteuert ein- und ausgeschaltet werden.

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Bild 2: Chilipflanzen unter LED-Beleuchtung

Welche Ausstattung ist sonst noch für eine erfolgreiche Anzucht sinnvoll?
Zum optimalen Keimen benötigen die Chili- oder Paprikasamen eine Temperatur von ca. 25°C bis 28°C. Daher stellen wir die Becher oder Töpfe in Minigewächshäuser, die es günstig im Baumarkt gibt und sorgen für Wärme.

Passend für die Minigewächshäuser gibt es kleine Heizmatten mit einer Leistung von etwa 10 bis 20W. Alternativ kann man das Minigewächshaus auch in einem warmen Raum, auf einem Boden mit Fußbodenheizung oder auf einer Heizung platzieren. Man sollte bei einer Positionierung auf einem Heizkörper etwas dazwischen legen (z.B. ein Stück Holz), damit es im Minigewächshaus nicht zu warm wird. Mit einem Thermometer überwacht man am besten die Keimtemperatur.

Es gibt verschiedene Keimmethoden und Anzuchtmedien (Steinwolle, Kokos, Kokosquelltabs…), die ebenso gut wie Erde funktionieren. Am einfachsten nimmt man als Anfänger Blumen- oder Aussaaterde für die Aussaat. Gut funktioniert es auch mit einem Gemisch von Kokos mit Blumenerde.

Wenn man kleine Becher oder Plastikschnapsbecher verwendet, sollte man diese unten mit Ablauflöchern für überschüssiges Wasser versehen. Diese bringt man am besten unten seitlich an, damit sie nicht verdeckt werden und überschüssiges Wasser auch wirklich ablaufen kann. Die Verwendung kleiner Töpfe, Becher oder Plastikschnapsbecher haben den Vorteil, dass man die Keimlinge einzeln aus dem Minigewächshaus nehmen kann.

Aussaat und Keimung
Prinzipiell ist ein vorheriges Einweichen der Chilisamen nicht unbedingt nötig aber durchaus zu empfehlen. Es erleichtert die Keimung wenn das Saatgut z.B. schon älter ist oder nicht optimal gelagert wurde.

Zum Einweichen wird ein Becher oder ein Glas für jede Sorte benötigt. Es sollte beschriftet werden, damit man später die Sorten noch zuordnen kann. Zum Einweichen eignen sich Wasser und Salpeterlösung (1 bis 2%). In einem Versuch im Chiliforum von Hot-Pain.de wurde mit destilliertem Wasser bessere Ergebnisse erzielt als mit Leitungswasser. Manche schwören auf Kamillentee, aber in Tees können sich schon nach wenigen Stunden Brutstätten für Keime entwickeln.

Die Chilisamen werden etwa 24h eingeweicht. Anfangs sind die Samen trocken und schwimmen deshalb oben. Im Laufe der 24h sollten sie nach unten sinken und können dann in die Erde (oder Tabs) eingesät werden. Schwimmen ein paar Samenkörner nach 24h immer noch oben, sollte man sie kurz antippen. Meistens gehen sie unter, denn sie werden oft nur noch von der Oberflächenspannung der Einweichlösung oben gehalten.

Die Samenkörner sollten bei der Aussaat zwischen 0,5 bis 1cm tief in die Erde gesteckt werden. Die Erde wird danach leicht angedrückt und gut befeuchtet. Sind die Chilisamen nicht tief genug in der Erde, vergrößert sich die Gefahr eines „Helmträgers“, d.h. dass die Samenhülle auf den Keimblättern bleibt.

Nach der Aussaat muss die Erde bis zur Keimung feucht und warm (25 bis 28°C) gehalten werden und darf auf keinen Fall austrocknen. Da die Scheiben des Minigewächshauses beschlagen, sollte man mindestens einmal täglich die Scheiben abtrocknen. Damit reduziert man das Risiko einer Schimmelbildung.

Eine gelegentliche, leichte nächtliche Temperaturabsenkung schadet nicht. Bei Keimproblemen kann man eine Temperaturabsenkung versuchen, wie es auch nachts in der Natur der Fall ist, um das Keimen auszulösen.

Kommt ein Keimling aus der Erde, muss er möglichst schnell aus dem Minigewächshaus heraus genommen und unter das Licht gestellt werden. Die Keimlinge sollten ab dann nur noch möglichst bei Zimmertemperatur gehalten werden (leicht darüber oder darunter geht auch) und brauchen viel Licht. So erreicht man ein eher kompaktes Wachstum und vermeidet ein „Spargeln“ oder „Vergeilen“ des Keimlings.

Was tun wenn die Samenhülle am Keimling bleibt?
Auch wenn die Erde leicht angedrückt und die Chili- oder Paprikasamen tief genug eingesetzt wurden, kommt es trotzdem manchmal vor, dass die Samenhülle auf den Keimblättern bleibt. Es gibt mehrere Möglichkeiten was man in einem solchen Fall tun kann.

Oft hilft es wenn man die Samenhülle ein paar Stunden anfeuchtet. Dazu kann man Wasser nehmen. Besser bewährt hat sich „Spucke“, denn sie bleibt länger am Samenkorn haften als ein Wassertropfen. Eine weitere Möglichkeit ist, die Samenhülle und ein Glas innen anzufeuchten und das Glas einen Tag über den Keimling zu stellen. Wird die Samenhülle weich genug, kann man sie vorsichtig abziehen. In hartnäckigen Fällen kann man auch vorsichtig den Rand der Samenhülle auf einer Seite mit einer Nagelschere abschneiden und die Hülle etwas aufklappen.

Wie geht es nach der Keimung weiter?
Die Beleuchtungsdauer sollte zwischen 12 und 14 Stunden liegen. Nach der Keimung muss die Erde trockener gehalten werden. Stehen die Keimlinge zu lange in zu nasser Erde leidet die Nährstoffversorgung. Schlechtes Wachstum und gelbe Blätter sind zwei der möglichen Folgen.

Wenn die Keimlinge das zweite echte Blattpaar bilden, sollten sie in kleine Töpfe mit Blumen- oder Aussaaterde gesetzt werden. Dabei setzt man die Keimlinge etwas tiefer in die Erde bis knapp unter die Keimblätter ein. Viele angehende Chiligärtner kommen beim Gießen meistens mit kleineren Töpfen am besten zurecht. Es bietet sich an, z.B. Vierecktöpfe mit 7cm x 7cm oder 9cm x 9cm zu nehmen. Mit Vierecktöpfen verschenkt man weniger Stellplatz unter dem Kunstlicht als mit Rundtöpfen.

Die kleinen Chilipflanzen brauchen weiterhin viel Licht. Die Erde sollte etwas trockener, aber nicht zu trocken gehalten werden.

Die Düngung
In aller Regel brauchen die Jungpflanzen in den ersten 3 bis 4 Wochen noch nicht gedüngt zu werden, da die Erde Nährstoffe mitbringt. Zur Düngung geeignet sind prinzipiell alle organischen NPK-Flüssigdünger für Tomaten (wie z.B. Bio Trissol Tomate von Neudorff), aber auch mineralische Nährsalze wie z.B. Hakaphos Grün, Blau oder Soft Spezial von Compo.

Bei Verwendung eines Flüssigdüngers für Tomaten beginnt man am besten mit einer Viertel-Dosis des Düngers (siehe dazu die Herstellerempfehlung) und steigert die Dosis auf die Hälfte.

Von Hakaphos-Nährsalzen sollte man anfangs höchstens 0,5g pro Liter ins Gießwasser geben.

Auf Depot- oder Langzeitdünger sollte man verzichten bis die Pflanzen in den Endtopf umgetopft werden.

Der Topf wird zu klein – Umtopfen Zwischentopf
Im Laufe der Zeit wächst die Pflanze und durchwurzelt die Erde. Daher sollte man nach mehreren Wochen das Wurzelwachstum kontrollieren und die Chilipflanze mit dem Wurzelballen aus der Erde nehmen.

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Bild 3: Umtopfen dringend nötig

Das Herausnehmen des Wurzelballens aus dem Topf ist relativ einfach:

Den Topf rundherum etwas eindrücken, die Hand flach auf die Erde legen und den Stamm zwischen die Finger nehmen. Den Topf mitsamt der Pflanze auf den Kopf stellen und den Topf abziehen. Gleitet der Topf nicht leicht herunter, sollte man ihn rundherum nochmals eindrücken und es erneut versuchen. Von Versuchen, die Pflanze am Stamm zu ziehen sollte man absehen, da kleine Pflanzen relativ leicht beschädigt werden wenn man zu fest zieht.

Ist die Erde gut durchwurzelt, sollte der Wurzelballen am Rand etwas aufgelockert und die Pflanze in einen größeren Topf gesetzt werden. Auch hierbei kann man die Pflanze wieder etwas tiefer setzen. Wir nennen diesen Topf einfach „Zwischentopf“. Bewährt haben sich z.B. Vierecktöpfe mit 13cm x 13cm oder Rundtöpfe mit etwa 1,5 bis 3 Liter. Im Zwischentopf verwendet man Blumenerde oder alternativ Pflanz- oder Tomatenerde. Es bietet sich an, der Erde etwa 20% Agrar-Perlite unterzumischen. Damit bleibt die Erde lockerer, sorgt für mehr Luft an den Wurzeln, hält die Feuchtigkeit länger, und auch gelegentlich zu viel Feuchtigkeit hat weniger negative Auswirkungen.

Da die neue Erde wieder neue Nährstoffe mitbringt, ist in den ersten 3 bis 4 Wochen in der Regel keine oder nur eine geringfügige Düngung nötig.

Umtopfen in den Endtopf
Irgendwann sind auch die Zwischentöpfe gut durchwurzelt, und die Pflanzen kommen in ihren endgültigen Topf, in dem sie später nach den Eisheiligen heraus gestellt werden. Im Endtopf verwenden wir wieder Blumenerde oder alternativ Pflanz- oder Tomatenerde. Auch hier bietet es sich an, 20% Agrar-Perlite unterzumischen.

Den meisten Sorten sollte man Endtöpfe mit mindestens 10 Litern spendieren (größer ist oft besser), ausgenommen klein wachsende Ziersorten oder Rocotos (Capsicum Pubescens). Viele Ziersorten gedeihen auch in kleinen Töpfen mit rund 5 Litern gut. Für Rocotos sollte man generell größere Töpfe ab etwa 30 Liter nehmen.

Im Endtopf kann der Erde optional etwas Kompost (max. rund ein Viertel) oder Depot- oder Langzeitdünger beigemischt werden, z.B. ca. 3g pro Liter Erde Compo Tomaten Langzeit-Dünger oder Basacote 6M.

Gewöhnung der Jungpflanzen an das Sonnenlicht
Sonnentage im März, April und Anfang Mai können bereits genutzt werden, um die Jungpflanzen langsam an das Sonnenlicht zu gewöhnen. Die Pflanzen haben drinnen keine Möglichkeit einen Schutz gegen die UV-Strahlung im Sonnenlicht aufzubauen. Zuerst sollte man die Pflanzen nur etwa höchstens ein halbe Stunde in die direkte Sonne stellen. Die Zeit steigert man langsam weiter. Gut eignet sich auch ein heller Standort im Schatten. Durch die Eingewöhnung vermeidet man weitestgehend einen Sonnenbrand.

Schädlinge:
Wichtig ist es, die Pflanzen regelmäßig auf Schädlinge zu kontrollieren und evtl. auftretende Schädlinge gleich zu bekämpfen. Mehr zum Thema Pflanzenschutz ist hier zu finden: https://chili-pepper.de/threads/pflanzenschutzmittel-fuer-chili-und-paprika.2888/

Bezugsquellen für Anbauzubehör
Auf der Seite Bezugsquellen ist zusammengestellt, woher man verschiedenes Zubehör für den Anbau und die Verarbeitung von Chilis erhält.

- Anbau und Pflege
- Chili-FAQ
- Abkürzungen und Begriffe
 
Zuletzt bearbeitet:
Super Anleitung, danke! Da meine grosse Tochter ausgezogen ist, habe ich natürlich sofort ihr Südseite Zimmer beschlagnahmt und mit Kunstlicht versehen ;) (Pflanzen stehen trotzdem auf der ziemlich langen Fensterbank). Eine Frage stellt sich mir noch, welche Temperatur sollte ich in dem Zimmer halten? Da es aktuell ja nicht genutzt wird, hab ichs auf dauerhaft 16° gestellt, zu warm ist ja auch nicht gut
 
Bei 16°C wächst es ziemlich langsam. Wenn es zu langsam wächst kannst du die Heizung ungefähr 2°C höher zu stellen.
 
Danke für die Anleitung, die sich derzeit gut auf der Südhalbkugel gebrauchen lässt. Ich habe allerdings immer wieder in YouTube-Videos gesehen, dass viele Paprika-Züchter einen Ventilator benutzen, wenn sie die Pflanzen in der Wohnung anbauen. Hältst du das für sinnvoll?
 
Jungpflanzen ein paar mal am Tag mit einem Ventilator bewegen ist sinnvoll. Das stärkt die Pflanzen und mache ich auch so.
 
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